Das Mandela-Prinzip der Potenzial-Ansprache

mandela-.jpg

Menschen in ihren Potenzialen und Ressourcen anzusprechen hilft diesen, das Beste aus sich herauszuholen. Nelson Mandela war ein Meister dieses Prinzips. Auch in Unternehmen kann mit Potenzialorientierung Außerordentliches erreicht werden.

Die Renaissance-Vorstellung vom Individualismus hat Afrika nie in dem Maß erfasst wie Europa oder Asien. Das afrikanische Führungsmodell lässt sich besser unter "ubuntu" zusammenfassen, der Vorstellung also, dass Menschen von anderen befähigt werden, so dass wir das Beste aus uns herausholen, indem wir uneigennützig mit anderen interagieren (Stengel, 2010).

Dieses Zitat Mandelas, das sich auf die afrikanische Philosophie des ubuntu bezieht, macht deutlich, was zahlreiche seiner Handlungen gezeigt haben: Sprich andere in ihrem Potenzial, ihren Fähigkeiten an, damit sie die beste ihrer Möglichkeiten von sich selbst verwirklichen, um für die Gemeinschaft, das Kollektiv möglichst viel zu erreichen.

Mandela als charismatische Persönlichkeit

Wie der auf Tatsachen beruhende Film Invictus an mehreren Stellen deutlich zeigt, hat es Mandela immer wieder verstanden – selbst in Gegenspielern – nicht die Schwächen oder Probleme zu sehen, sondern an das Beste in ihnen zu appellieren. Mandela lernte im Laufe seines Lebens, dass jeder Mensch das Potenzial besitzt, selbst in schwierigsten Situationen über sich hinaus zu wachsen, wenn er von seinen Ressourcen, seinen Kompetenzen denkt und handelt. Indem er sein Gegenüber in diesem Potenzial angesprochen hat, hat er es gemeinsam mit seinen Mitstreitern geschafft, nachhaltige Versöhnungsprozesse anzustoßen und wirkliche Veränderungen zu bewirken.

Ansätze zur Potenzial-Ansprache

Wie kann das, was Mandela als Person so erfolgreich praktizierte, für andere zugänglich gemacht und gelehrt und gelernt werden? In seiner Theorie U zeigt C. Otto Scharmer auf, wie sich Menschen und Organisationen in die Lage versetzen können, wirklich Neues und Hilfreiches in die Welt zu bringen, indem sie aus diesem inneren Ort heraus handeln. Scharmer postuliert seine Theorie U als soziale Technik, mit deren Hilfe die drängenden Probleme und Herausforderungen konstruktiv angegangen werden können. Die lösungs- und kompetenzfokussierten Ansätze in Führung und Beratung gehen von einer ähnlichen Überlegung aus: Wie kann das in jedem Menschen vorhandene Potenzial geweckt und nutzbar gemacht werden? Auch diese Ansätze vertrauen auf die (noch nicht sichtbaren) Fähigkeiten der Menschen und sprechen diese an, indem sie a) nach funktionierenden und bereits erlebten Lösungszuständen fragen und b) bei vermeintlichen Schwächen die positive Seite als Kompetenz herausstreichen. Die Sichtweisen werden so erweitert und neue Lösungen entstehen.

Führungskräfte und BeraterInnen mögen eine weniger dramatische Biografie als Mandela haben. Sie können aber dennoch aus der gleichen Haltung heraus wirken. Indem sie bei sich selbst und bei ihren Mitarbeitenden oder Klienten von den Kompetenzen und Potenzialen ausgehen – von der bestmöglichen Variante von sich selbst. Dazu stehen uns vielfältige, hilfreiche Methoden und Ansätze wie die erwähnte Theorie U und lösungs- und ressourcenfokussierte Methoden zur Verfügung. Entscheidend dafür, dass es gelingen kann, ist die Haltung und entwicklungsorientierte Einstellung. Für diese Gesinnung und diesen Glauben an die Potenziale im Menschen ist Nelson Mandela mit seiner individuellen Geschichte ein Vorbild. Er ist ein Beispiel dafür, wie sehr eine ressourcen- und potenzialfokussierte Sichtweise auch schwierigste Situationen positiv verändern kann.

Literatur

Stengel, R./Emmert, A. (2010): Mandelas Weg: Liebe, Mut, Verantwortung – Die Weisheit eines Lebens.

Invictus – unbezwungen (2009): Film von Clint Eastwood mit Morgan Freeman als Mandela.

Scharmer, C. O. (2013): Theorie U: Von der Zukunft her führen: Presencing als soziale Technik.

Gilligan, St. (2011): Liebe dich selbst wie deinen Nächsten.

Schmidt, G. (2013): Liebesaffären zwischen Problem und Lösung.