Transformations- und Organisationsentwicklungsprozesse sind äußerst komplex und anspruchsvoll. Deshalb ist es sehr hilfreich, sich über ganzheitliche Modelle einen schnellen und dennoch vertieften Überblick über eine bestehende Situation machen zu können. Auf dieser Seite erklären wir unsere systemisch-evolutionäre Trigon OE-Landkarte, die Orientierung in der Landschaft der Organisation gibt.


Die gesamte Trigon OE-Landkarte

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[1] Das ist die Übersicht über die gesamte Trigon OE-Landkarte. Die Trigon OE-Landkarte gibt BeraterInnen, Coachs und Führungskräften, die ihre Organisation in ihrer Entwicklung begleiten wollen, eine grundsätzliche Orientierung. Dieser Landkarte liegt ein systemisch-ganzheitlicher und evolutionärer Ansatz zugrunde: Mit welcher „Brille“ schaue ich auf eine Organisation, die sich nach Gesetzmäßigkeiten entwickelt und welche Prozesse braucht es für eine zieldienliche Steuerung von Veränderung.

Organisationsentwicklung (OE) in diesem Sinne begreift Organisationen als sich entwickelnde wesenhafte Organismen mit harten und weichen Faktoren, die zueinander in Wechselwirkung stehen und ganzheitlich betrachtet werden.

Das Trigon Systemkonzept (die Brille) besteht aus sieben Wesenselementen (vgl. I. Organisation als System), die Entwicklung von Organisationen verläuft phänomenologisch in der Abfolge: Pionierphase, Differenzierungsphase, Integrations- und Assoziationsphase (vgl. II. Organisationen in Entwicklung).

Für die Gestaltung und Steuerung des Veränderungsprozesses erweist sich das Konzept der 7 Basisprozesse als nützlich; es geht um den optimalen Mix von Diagnose- und Zukunftsgestaltungsprozessen, psycho-sozialen Prozessen sowie Lern-, Informations- und Umsetzungsprozessen. Im Rahmen des Change Management-Prozesses werden die einzelnen Basisprozesse geplant und dafür die geeigneten Interventionen ausgewählt (vgl. III. Steuerung der Veränderung). Die Steuerung von Veränderungen erfolgt „syntaktisch“, das heißt, es kommen inhaltsleere Modelle / Prozeduren zum Einsatz, die möglichst unterschiedliche Erkenntnismodi ansprechen und neue Möglichkeitsräume eröffnen.

Die allgemeinen Systemprinzipien nach SySt® bilden einen allgemeinen Rahmen für die Betrachtung von lebenden Systemen (vgl. IV. Systemprinzipien). Sie können als eine Art übergeordnetes Muster verstanden werden, aus dem sich hilfreiche Interventionen ableiten lassen.

Die „Integrale Theorie“ von Ken Wilber stellt zurzeit wohl das umfassendste Ganzheitsmodell dar. Sie wird in der OE-Landkarte durch die 4 Perspektiven und den daraus abgeleiteten Methodenpluralismus sowie durch Verwendung individueller und kollektiver Entwicklungsmodelle berücksichtigt. Die vier Perspektiven ergeben sich aus der Betrachtung von individuellen und kollektiven sowie von inneren und äußeren Gegebenheiten.

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Die Organisation als System

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[2] Das Trigon Systemkonzept
Das Trigon Systemkonzept hat sich in der praktischen Organisationsberatung vielfach bewährt. Es beschreibt mit den 7 Wesenselementen – im Innensystem und zum Umfeld – die Organisation als Ganzheit. Die Bezeichnung „Wesenselement“ weist darauf hin, dass es um Elemente eines umfassenderen Wesens geht. Jedes Organ (Wesenselement) für sich genommen kann nicht den Gesamtorganismus erklären; es erhält seinen Sinn erst durch den Gesamtorganismus.

Die 7 Wesenselemente bilden drei Subsysteme: Identität und Strategie umfassen das kulturelle Subsystem, die Wesenselemente Struktur, Menschen/Gruppen und Funktionen bilden das soziale Subsystem und die Wesenselemente Prozesse und physische Mittel repräsentieren das technisch/instrumentelle Subsystem.


Die Organisation in der Entwicklung

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[3] Organisation in Entwicklung
Eine systemisch-evolutionäre Organisationsentwicklung braucht eine fundierte Entwicklungstheorie und praktikable Entwicklungsmodelle. Der Trigon OE-Landkarte liegt das von Glasl / Lievegoed erarbeitete Entwicklungs-Modell zugrunde, das die Entwicklung von Organisationen als Abfolge von vier Phasen (oder Stufen) beschreibt – der Pionierphase, der Differenzierungsphase, der Integrationsphase und der Assoziationsphase. Jede spätere Phase (oder spätere Stufe) ist durch zunehmende Komplexität gekennzeichnet; es steigt mit jeder Stufe aber auch die Fähigkeit der Organisation, mit Komplexität umzugehen.

Zur Charakterisierung der jeweiligen Stufe werden die 7 Wesenselemente des Systemkonzepts herangezogen – sie sind im Sinne der Integralen Theorie die Entwicklungslinien. Die Wesenselemente Identität, Strategie, Struktur, Menschen/Gruppen, Funktionen, Prozesse und physische Mittel zeigen in jeder Phase ihre charakteristische Ausprägung: Aus solch einem Gesamtbild lassen sich wertvolle Ansätze für eine gesunde Weiterentwicklung einer Organisation ableiten.

Als individuelles Entwicklungsmodell arbeitet Trigon mit dem Modell der „Ich-Entwicklung“ von S. Cook-Greuter, das die Entwicklung des Bewusstseins Erwachsener beschreibt. In 9 Stufen werden unterschiedliche Arten der Bedeutungsgebung und der daraus resultierenden Handlungslogiken dargestellt. Mit jeder Stufe wachsen mentale Tiefe und Breite des Bewusstseins und die Fähigkeit, mit Unsicherheiten und Komplexität umzugehen.

Im Sinne der Integralen Theorie ist die Wechselwirkung zwischen individueller und kollektiver Entwicklung von Bedeutung: Welche Bewusstseinsstufen von Führungspersonen sind für bestimmte Entwicklungsphasen von Organisationen Bedingung?


Die Veränderung in der Organisation steuern

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[4] Steuerung der Veränderung
Die optimale Gestaltung des Veränderungsprozesses ist die wesentliche Aufgabe von Change Management (Führung, Steuergruppe, ….). Diese arbeiten im Sinne der OE nach dem Motto: „Wir organisieren die Veränderung“ – im Unterschied dazu lautet das Motto beim Expertenansatz: „Wir verändern die Organisation“. Eine OE-Steuergruppe sorgt dafür, dass die Betroffenen beteiligt werden und strebt nach tragfähigen Lösungen. Für die Bewältigung dieser Steuerungs- und Begleitungsaufgabe (Change-Management) hat sich das Modell der sieben Basisprozesse als außerordentlich nützlich erwiesen. Es zeigt, welche Teilprozesse insgesamt für einen erfolgreichen Change-Prozess maßgeblich sind. Die Herausforderung besteht darin, für das spezifische Änderungsvorhaben die passenden Basisprozesse in der adäquaten Intensität zu kombinieren.

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[5] Erkenntnismodi nutzen, Möglichkeitsräume erweitern
Zur Steuerung der Veränderung steht der Steuergruppe eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung. Beim Einsatz dieser Instrumente wird darauf geachtet, dass verschiedene Erkenntnismodi angesprochen werden. Zum Beispiel gilt es, bei Zukunftsgestaltungsprozessen rationale und metaphorische Zugänge gleichermaßen zu berücksichtigen oder gemäß der „Theory U“ (Scharmer) den Beteiligten die „Öffnung des Denkens“, die „Öffnung des Herzens“ und die „Öffnung des Willens“ zu ermöglichen.

Die Trigon Prozessberatung fokussiert auf syntaktisches Arbeiten; das bedeutet, sie konzentriert sich nicht in erster Linie auf die Inhalte, sondern lenkt den Blick auf die Strukturen und die Muster eines Systems. Mit Hilfe logischer Grundstrukturen, Prozeduren und spirituellen Archetypen werden die Menschen und Organisationen in ihrer Ganzheit angesprochen und gewürdigt. Syntaktisches Arbeiten ermöglicht dadurch, inhaltliche Komplexität leichter zu erfassen und neue inhaltliche Möglichkeitsräume zu eröffnen.


Die Systemprinzipien

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[6] Die Systemprinzipien
Die Systemprinzipien nach SySt® bilden einen allgemeinen Rahmen für die Arbeit mit lebenden Systemen. Eine kurative Anwendung der Prinzipien hilft, unerwünschte Muster oder Verhaltensweisen aufzudecken und zu beheben; sie zeigt, was Systeme beachten sollten, um Irritationen zu vermeiden und Systemorientierungen zu unterstützen.

SySt® nennt zwei Meta-Prinzipien. Erstens den „Verzicht auf Leugnung“: Dies besagt, dass Festlegungen, aus denen Zugehörigkeit, zeitliche Reihenfolge, Verantwortungsübernahme, Einsatz und Leistung abgeleitet werden, nicht geleugnet werden können. Das Festgelegte ist anzuerkennen. Das zweite Meta-Prinzip „Hierarchie der Systemprinzipien“ bestimmt, in welcher Reihenfolge bei Störungen die Beachtung der Systemprinzipien zu prüfen ist. Die Zugehörigkeit ist die Basis, auf welcher das Prinzip zeitliche Reihenfolge aufbaut, gefolgt von den Prinzipien „Verantwortungsübernahme“ und „Einsatz und Leistung“. Beispielsweise wird größte Irritation erzeugt, wenn auf der Ebene „Verantwortungsübernahme“ Veränderungen und Interventionen durchgeführt werden, jedoch auf der Ebene „Zugehörigkeit“ Unklarheiten bestehen.


Die 4 Perspektiven der integralen Theorie

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[7] Vier Quadranten und Methodenpluralismus
Wilber’s „Integrale Theorie“ ist ein umfassendes Ganzheitsmodell, das für eine systemisch/evolutionäre OE einen wertvollen Orientierungsrahmen darstellt. In der Trigon OE-Landkarte wird diese Theorie durch die „vier Quadranten/Perspektiven“, durch die Entwicklungsmodelle (Entwicklungslinien und -stufen) und durch die Organisationstypen (siehe 8) berücksichtigt.

Wilber hat hunderte von Entwicklungstheorien studiert und Prinzipien erkannt, nach denen sich alle Theorien ordnen lassen. Es sind dies die beiden Begriffspaare „innerlich-äußerlich“ und „individuell-kollektiv“. Für Wilber werden durch die vier Quadranten die wesentlichen Merkmale des „In-der-Welt-Seins“ angesprochen.

Der obere linke Quadrant umspannt das direkt erlebte Gewahrsein des Menschen, die subjektive Erfahrung. Dazu gehört Empfindung, Wahrnehmen, Denken, Fühlen und Wollen. Der untere linke Quadrant beinhaltet diejenigen Muster des Bewusstseins, welche von Menschen einer bestimmten Kultur wahrgenommen werden: gemeinsame Werte, Wahrnehmungen, Bedeutungen, kulturelle Praktiken, Ethiken und dergleichen.

Der obere rechte Quadrant steht für Bereiche der Materie und der Biologie, z.B. für den menschlichen Körper, für die Gehirnstruktur, aber auch für das beobachtbare Verhalten eines Menschen. Zugang zu diesem Quadranten gewinnt man über die Naturwissenschaften und die Verhaltenswissenschaften. Der untere rechte Quadrant steht für die äußeren, sozialen Phänomene. Dazu gehören die beobachtbaren, äußeren Verhaltensmuster sozialer Systeme, die Institutionen und Funktionen, die technische und wirtschaftliche Basis, die natürlichen Ressourcen etc. Dieser Bereich wird vor allem von Wissenschaften wie Systemtheorie und Soziologie studiert.

Die „rechtsseitigen“ Quadranten konzentrieren sich auf das Äußerliche, auf das Objektive; sie gelten als „wissenschaftlich“. Die linksseitigen Quadranten versuchen das Innere, das Bewusstsein zu erforschen, wie es den Individuen erscheint bzw. wie Gruppen ihre Kultur erleben.

Die 4 Quadranten oder Perspektiven sind wesentliche Dimensionen des Seins; sie stehen mit all ihren Wirklichkeiten in Wechselwirkung miteinander und entwickeln sich gemeinsam.

Für eine ganzheitliche Sicht auf Organisationen ist es wichtig, alle vier Quadranten zu berücksichtigen. Das Trigon-Systemkonzept mit den 7 Wesenselementen hilft, auf die wesentliche Elemente und deren Zusammenwirken in jeder Organisation aufmerksam zu machen. Als wertvolle Ergänzung dazu wird jedes Wesenselement mit den vier Perspektiven betrachtet.

Die vier Perspektiven und Methoden der OE

Wenn wir die vier Perspektiven als relevant ansehen und in allen vier „Feldern“ erfolgreich intervenieren wollen, ist es notwendig, unterschiedliche Methoden und Instrumente einzusetzen. Wilber erläutert dies in seinem „Integral-methodologischen Pluralismus“. Er kommt zu folgendem Ergebnis: Objektive (Mess-) Methoden enthüllen Merkmale und Fakten der Vergangenheit, die immer noch in der Gegenwart wirken – freilich gefärbt durch die Interpretation des Augenblicks. Linksseitigen Methoden – wie Hermeneutik, gemeinschaftliche Untersuchungen, Kontemplation oder sozial-künstlerische Aktivitäten – enthüllen Gegebenheiten der Vergangenheit, gegenwärtige Ereignisse und zukünftige Potenziale, die in diesem Augenblick emergieren.

Eine systemisch/evolutionäre Organisationsentwicklung achtet auf einen ausgewogenen, alle vier Quadranten betreffenden Methodeneinsatz.


Die verschiedenen Organisationstypen

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[8] Organisationstypen

Jede Arbeitsorganisation erbringt Leistungen für ihre Umwelt. Entsprechend der unterschiedlichen Art dieser Leistungen unterscheidet die Organisationslehre zwischen „Produktorganisationen“ (z.B. eine Papierfabrik), „Dienstleistungsorganisationen (z.B. Handelsunternehmen, Friseur) und der so genannten „know-how-intensiven Dienstleistungsorganisation“ oder „professionellen Organisation“ (z.B.: Architekturbüro, Steuerberatung). In der Praxis trifft man kaum auf „reine“ Typen, vielmehr vereinigt jede reale Organisation Anteile jedes Typus, aber meist dominiert ein Typus.

Die Produktorganisation stellt ein materielles Produkt her, die Qualität der Leistung zeigt sich an den Eigenschaften des Produktes. Die Qualität des Produktionsprozesses ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Aus der Sicht des Kunden bei der Konsumation des Produkts liegt die Leistung der Organisation in der Vergangenheit. Die Dienstleistungs-Organisation verrichtet als Kernleistung Arbeit für den Kunden bzw. am und mit dem Kunden. Die Qualität der Leistung zeigt sich maßgeblich in der Begegnungsqualität mit den Kundinnen. Die Qualität der Interaktion zwischen Dienstleister und Kunden ist der entscheidende Erfolgsfaktor. Die Leistung der Organisation liegt in der Gegenwart.
Die Kernleistung der professionellen Organisation zielt auf die Entwicklung von Fähigkeiten im Kundensystem ab, die für zukünftige Tätigkeiten wirksam werden sollen. Der Erfolg hängt wesentlich von den Fähigkeiten der Professionals und von den Eigenaktivitäten des Kundensystems ab. Die Leistung liegt in der Zukunft.
Die Besonderheiten der drei Organisationstypen stellen unterschiedliche Anforderungen an die Gestaltung von Organisationen. Bei der Produkt-Organisation geht die Kernleistung aus dem technisch-instrumentellen Subsystem hervor, die Arbeit im Kernprozess erfordert in erster Linie technische Fähigkeiten. Bei der Dienstleistungs-Organisation entspringt die Kernleistung aus dem sozialen Subsystem; dies erfordert soziale Fähigkeiten. Und bei der professionellen Organisation ist die Kernleistung eng mit dem kulturellen Subsystem verbunden; dies erfordert konzeptuelle Fähigkeiten und eine Beschäftigung mit Identität und Ausrichtung.

Die Kenntnis dieser Unterschiede und Besonderheiten ist eine wichtige Voraussetzung für die Gestaltung von Führungssystemen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in professionellen Organisationen brauchen eine andere Führung als jene in Produkt- oder Dienstleistungsorganisationen. Eine Missachtung dieser Unterschiede kann zu Irritation, Frustration, Über- oder Unterforderung der Menschen in einer Organisation führen.